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Der Meister der Träume

In Sky von Jenova Chen wird Mitgefühl großgeschrieben.

Einige Entwicklungsstudios richten ihren Fokus auf coole Waffen, tödliche Gegner und mitreißende Geschichten. Jenova Chen, der kreative Kopf hinter unvergesslichen Meisterwerken wie Flower und Journey, verfolgt hingegen einen ganz anderen Ansatz: Sein Ziel ist es, Gefühle in den Spielerinnen und Spielern hervorzurufen – sei es Freude, Trauer, Stolz, Furcht oder gar Liebe.

Das gilt ganz besonders für sein neuestes und ambitioniertestes Werk Sky: Children of the Light. An Sky wurde mehr als sechs Jahre lang getüftelt. Das Spiel versetzt dich in die Rolle eines kindlichen Wesens, das Licht erschaffen und weiterverbreiten kann. Du wurdest in diese Welt entsandt, um gefallene Sterne zu finden, die als Geister erscheinen. Nun hilfst du diesen himmlischen Geschöpfen, zurück in den Himmel zu reisen.

Wer du bist und warum du da bist, ist ein Geheimnis, das sich erst im Verlauf von Sky: Children of the Light auflöst. „Im Grunde ist das Spiel ein großes Rätsel“, sagt Chen.

Das Spiel wurde so entwickelt, dass es „positive, warme und angenehme Gefühle auslöst – etwas, das der Rest der Spieleindustrie meiner Meinung nach häufig vernachlässigt,“ erzählt Chen.

Deshalb arbeitest du auf deiner Reise immer wieder online mit anderen Spielerinnen und Spielern zusammen. Dabei können sich bis zu acht von ihnen gleichzeitig in einem Gebiet befinden. Und wenn du nun die ausgeklügelten Rätsel in Sky löst, hinterhältigen Monstern ausweichst oder einfach Händchen haltend durch die Wolken saust, ist es Chens Hoffnung, dass du dabei echte Verbindungen mit Fremden eingehst oder deine Beziehung zu Freunden und Familie noch weiter vertiefst.

Ein hohes Ziel. Chen und sein Team von thatgamecompany haben es sich zur Aufgabe gemacht, kooperative, altruistische Spiele zu erschaffen. Über den Zeitraum von mehr als einem Jahr, in dem das Spiel mit tausenden Spielerinnen und Spielern getestet wurde, hat sich das Team zu einer Art virtuellem Gärtner entwickelt, sagt Chen. „Es macht Spaß, gegen unsere schlechten Angewohnheiten anzugehen. Wir stutzen unschöne Dinge zurecht, und hegen und pflegen alles, was sich gut entwickelt.“

Chen wuchs in Shanghai auf und zog 2003 nach Los Angeles. Dort studierte er an der University of Southern California, am damals noch jungen Lehrstuhl für Interactive Media Storytelling.

Eines der positiven Features des Spiels besteht darin, dass die Spielerinnen und Spieler ihr Ich durch Aussehen, Kleidung und Verhalten zum Ausdruck bringen können. Eine Spieltesterin, die an schweren Depressionen litt, berichtete, wie befreiend dieser Aspekt des Spiels für sie war. „Beim Spielen von Sky hatte sie das Gefühl, sie selbst sein zu können,“ erzählt Chen.

Außerdem gefiel ihr das Gefühl, mit anderen Fans des Spiels eine Verbindung herstellen zu können. „Im Spiel gibt es viele verschiedene Möglichkeiten, sich selbst auszudrücken. Ohne Frage wirst du deine Freunde wiedererkennen – allein schon an der Art, wie sie sich bewegen,“ führt Chen weiter aus.

Die sieben Reiche in Sky orientieren sich auf subtile Weise an den verschiedenen Phasen des menschlichen Lebens. Das erste Level mit seinen weißen Schäfchenwolken soll dabei die Kindheit repräsentieren.

Das letzte Spiel von thatgamecompany, Journey, war eine in sich abgeschlossene, lineare Erfahrung. Sky hingegen ist ein deutlich umfangreicheres Spiel ohne eindeutiges Ende. Sieben einzigartige Reiche wollen erkundet werden – jedes davon repräsentiert eine Phase des menschlichen Lebens. Die kreativen Köpfe von thatgamecompany haben sich vorgenommen, in den nächsten Monaten kontinuierlich Nachschub an neuen Charakteren, Missionen und anderen Zusatzinhalten zu liefern.

Das Team hat sich bewusst dazu entschieden, Sky zuerst auf iPhone und iPad zu veröffentlichen, um es so leicht zugänglich wie nur möglich zu machen, sagt Chen. Und was noch wichtiger ist – selbst Menschen, die noch nie ein Videospiel in der Hand hatten, können Sky spielen und verstehen sofort die Steuerung, erfreuen sich an der Welt und versuchen, Verbindungen zu knüpfen. „Hier trifft Technologie auf Menschlichkeit.“