ENTWICKLER:INNEN KENNENLERNEN

Vom Code zur Grafik-App

Wie Procreate von einer winzigen Insel aus die Welt eroberte.

Procreate

Zeichnen. Malen. Gestalten.

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Die Entwickler:innen von Procreate, der führenden App zum Erstellen digitaler Kunst, waren eigentlich gar nicht auf Erfolg programmiert, als sie ihr Projekt starteten.

„Obwohl ich coden kann, bin ich nicht sonderlich gut darin“, gesteht James Cuda, der Mitgründer von Savage Interactive, dem Entwicklerstudio hinter der App.

Tasmanien: das Silicon Valley unter den australischen Inseln.

Cuda ist Künstler, seit er einen Stift halten kann, und war zunächst als freiberuflicher Webdesinger in Tasmanien tätig, dem zerklüfteten Inselstaat südöstlich von Australien. Als er 2010 begann, auf dem iPad zu zeichnen, war diese Erfahrung der zündende Funke für eine gewagte Idee – eine App zu entwickeln, die es anderen ermöglicht, beim Skizzieren, Malen und Illustrieren neue Wege zu gehen.

Das Problem war, dass Cuda nur über die eine Hälfte der Fähigkeiten verfügte, die zur Realisierung dieses Projekts erforderlich waren. Und so war es ein glücklicher Zufall, dass er Lloyd Bottomley traf, einen Programmierer, der sich das Coden selbst beigebracht hatte und ebenfalls aus Tasmanien stammte.

„Als ich Lloyd traf, fiel mir eine große Last von den Schultern”, erzählt Cuda. „Wir haben als Freiberufler ein paar Aufträge zusammen gemacht und ich dachte ‚Wow, dieser Typ kann echt gut programmieren‘. So konnte ich mich weiter ums Design kümmern und musste nicht jedes Mal ausflippen, wenn es um den Programmierkram ging.“

James Cuda (oben) und Lloyd „the Ginger Wizard“ Bottomley.

Zusammen mit seiner Frau Alanna, die die Rolle der CFO übernahm, und Bottomley gründete Cuda Savage Interactive und begann, Procreate zu entwickeln.

Dieser Prozess dauerte 18 Monate. Neben der freiberuflichen Tätigkeit schuftete das Team viele Nächte und Wochenenden durch, testete mehr als 100 Designentwürfe und baute die App drei Mal vollständig um. Als die drei schließlich alles auf eine Karte setzten, blieben ihnen gerade noch etwa 15.000 Dollar für den Launch und darüber hinaus.

„Ich bin in relativ armen Verhältnissen aufgewachsen. Deshalb war es für mich ganz normal, alles zu riskieren”, sagt Cuda. „Ich dachte mir, wenn es nicht funktioniert, dann ist eben alles wieder wie früher und das ist auch okay.“

Sie veröffentlichten ihre App am 8. März 2011. Procreate erreichte schnell weltweite Akzeptanz und ist heute das Tool der Wahl vieler Professioneller und Amateure. Von Modedesigns bis hin zu Filmplakaten wird es für eine Vielzahl von kreativen Projekten eingesetzt.

Savage Interactive entwickelt das Produkt kontinuierlich weiter. Erst vor Kurzem hat das Unternehmen ein großes Update von Procreate Pocket für das iPhone veröffentlicht, das eine hochaufgelöste Leinwand, ein erweitertes Ebenensystem und 136 anpassbare Pinsel bietet. Die App soll Künstler:innen ermöglichen, auch unterwegs kreativ zu sein – von Tasmanien bis Timbuktu.

Die Produktion einer Live-Demo, die zeigt, wie man zeichnet.

Obwohl Savage inzwischen 17 Mitarbeiter beschäftigt, findet Bottomley, dass sich das Unternehmen noch immer wie ein Start-up anfühlt.

„Wenn es um kreative Dinge geht, gibt es bei uns keine Prozesse”, verrät er. „Irgendjemand hat eine Idee, die er oder sie in die Runde wirft beziehungsweise dem Engineering- und Design-Team vorschlägt. Und dann versuchen wir, etwas draus zu machen.“