WOMEN’S HISTORY MONTH

Bereise den neuen Oregon Trail

Wie Liz Ballantyne Diversität und Recherche ins Spiel brachte.

Apple Arcade

The Oregon Trail

Abenteuer im Wilden Westen

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Seit seinen ersten Schritten im Jahr 1971 hat das unglaublich beliebte Videospiel mit Bildungscharakter The Oregon Trail Millionen von Schulkindern die Gefahren von Überlandreisen im 19. Jahrhundert nähergebracht.

Doch wie es so häufig bei Bildungsressourcen der Fall ist, die vor einem halben Jahrhundert entstanden sind, gab das ursprüngliche The Oregon Trail das Leben zu jenen Zeiten nicht authentisch und präzise wieder. Es strotzte nur so vor Indianer-Klischees und steuerte am Thema der Massenvertreibung indigener Völker vorbei. People of Color waren auf der fiktionalen Reise allgemein eher dünn gesät.

„Wenn wir heute so etwas wie The Oregon Trail machen wollten“, erläutert Don Rawitsch, einer der Schöpfer des Original-Spiels, im Jahr 2017, „würde ich das Spiel aus Sicht der amerikanischen Ureinwohner:innen gestalten – also wie genau hat es sich angefühlt, auf der anderen Seite zu stehen.“

Indem Gameloft Brisbane das Spiel für Apple Arcade neu auflegte, wollte das Studio diese Problematik direkt angehen. Liz Ballantyne, Art Director und Inklusionsbeauftragte, begleitete den Entstehungsprozess.

„Wir nahmen das originale Spiel Bild für Bild auseinander“, berichtet sie. „Wir recherchierten historische Fakten, sahen uns Aufnahmen an und versuchten, die Inspiration des ursprünglichen Entwicklungsteams nachzuempfinden.“

Das Ziel hat sich in The Oregon Trail nicht geändert: Du musst eine qualvolle Reise mit einem Pferdewagen über 2’000 Meilen hinweg überstehen. Stock deinen Proviant auf, um nicht zu verhungern, und statte dich mit Munition für die Jagd und zum Schutz aus. Stell dann eine Gruppe aus vier Reisenden zusammen, alle mit ganz eigenen Fähigkeiten und Besonderheiten, die dich auf deiner Reise unterstützen.

Zum ersten Mal seit Bestehen der Serie werden auch indigene und Schwarze Personen repräsentiert, sowohl als spielbare Charaktere deiner Gruppe als auch in Form von Personen, die du auf deiner Reise triffst.

Viele Charaktere basieren auf Figuren aus dem echten Leben, beispielsweise auf der aus dem 19. Jahrhundert stammenden Autorin und Aktivistin für die Rechte indigener Völker Sarah Winnemucca, auch bekannt als Thocmetony. Sie war die erste Autorin indianischer Herkunft, die in englischer Sprache veröffentlicht wurde. Moses Harris, der legendäre Schwarze Wagenzugführer und Entdecker, macht dich zu Beginn deiner Reise mit den wichtigsten Grundlagen vertraut.

Und du triffst auf die berühmte Stammesführerin Bíawacheeitchish, als deine Gruppe im Dorf des Crow-Stammes haltmacht. Sie heisst dich mit einer Handelsmöglichkeit freundlich willkommen.

Für all diese Charaktere ließ Ballantyne ganz allein die historischen Fakten sprechen. Sie war der Ansicht, dass deren Geschichte keinerlei Ausschmückungen benötigten.

„Während des Entwicklungsprozesses fragte das Team ‚Ist das ein Bug? Sie hatte vier Ehefrauen?’“, berichtet Ballantyne von Stammesführerin Bíawacheeitchish. „Doch es war kein Bug, sie hatte in der Tat vier Ehefrauen! Was für eine Frau!“

Die in Australien ansässige Ballantyne und ihr Team wussten, dass ihre Erzählung eine Schwachstelle aufwies, wenn es um die Repräsentation indigener Menschen aus Nordamerika ging. Sie konsultierten Historiker:innen, darunter Margaret Huettl von der University of Nebraska-Lincoln und Katrina Phillips aus dem Macalester College in Minnesota, um alle Stereotype und Klischees aus dem Spiel zu eliminieren.

„Ich erinnere mich daran, ein paar unserer frühen Konzepte zu amerikanischen Ureinwohner:innen vorgelegt zu haben, und eine unserer Historikerinnen merkte an, ‚Vielleicht müssen ja nicht alle von ihnen geflochtene Zöpfe tragen?’“, führt Ballantyne aus. „Es war beschämend offensichtlich … Wir hatten uns so auf die Recherche konzentriert und darauf, den richtigen Stil für dieses Zeitalter zu treffen.“

Im weiteren Verlauf des Entwicklungsprozesses wurde das Team immer wieder mit seinen Annahmen konfrontiert. „Wir wollten das Mini-Jagdspiel des Originals mit einer Pfeil- und Bogen-Variante erweitern“, erzählt Ballantyne. „Es zeigte sich jedoch, dass indianische Jäger:innen viel häufiger mit einem Gewehr unterwegs waren. Ein weiteres Stereotyp.“

Erfahrungen und Erlebnisse darzustellen, die für diese Zeit authentisch sind, war ein essenzieller Baustein. Ballantyne zeigt auf die aufwändigen Ohrringe, die vom Entwicklungsteam für einige Charaktere der amerikanischen Ureinwohnerinnen nachgestellt worden waren. Der Schmuck mochte zwar historisch korrekt dargestellt worden sein, aber er war schlicht und ergreifend unpraktisch.

„Die Wege waren sehr windig, sie hätten dort einfach keine Ohrringe getragen“, erklärt sie. „Auch wenn du all diese kleinen Details historisch völlig korrekt darstellst, wie aus dem Lehrbuch, musst du trotzdem überlegen und dich genau in den Moment hineinversetzen, um keine Fehler zu machen.“

Ballantynes Leidenschaft für die richtige Darstellung von Fakten zeigt sich auch in ihrer Arbeit als Branchensprecherin. Sie repräsentiert Non-Profit-Organisationen wie Women in Games und IGEA Diversity and Inclusion und tritt dabei für die Gleichstellung von Geschlechtern auf der ganzen Welt ein. „Wir möchten Entwicklungsstudios dabei helfen, Mauern einzureissen.“ Ihre eigene Abteilung bei Gameloft Brisbane hat bereits einen grandiosen Meilenstein erreicht: Das Team besteht inzwischen zu 50 Prozent aus Frauen.

Ganz im Sinne des Pioniergeistes von The Oregon Trail hofft Ballantyne, dass ihre Arbeit als Fürsprecherin dabei helfen kann, den Weg für andere Frauen in der Branche zu ebnen.

„Sei immer du selbst! Das ist mein wichtigster Rat für Frauen, die im Gaming-Bereich Fuss fassen möchten“, versichert Ballantyne. „Du musst dich nicht verändern. Die Branche befindet sich im Umbruch, was Repräsentation angeht. Deine Stimme zählt.“