DEN UNTERSCHIED MACHEN

Sticker für schwere Stunden

Emojional Messages: Wie du deine Gefühle per App mitteilen kannst.

Sad Animations

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Für die Illustratorin Irina Mir kamen die Depressionen wie aus dem Nichts. „Ich hatte keine Ahnung, was die Ursache war. Es geht mir gut, ich bin finanziell abgesichert, habe eine wunderbare Familie und lebe in einer liebevollen Beziehung“, erzählt die in Russland geborene Künstlerin.

Aus der Feder von Irina Mir stammen die außergewöhnlichen iMessage-Sticker Sad Animations im App Store. Die animierten Charaktere drücken eine Vielzahl von unterschiedlichen Gefühlen und Erfahrungen aus – von extremer Erschöpfung über soziale Phobien bis hin zu Frustessen. Sie wirken auf Anhieb sehr emotional, zugänglich und liebenswert.

Mitte letzten Jahres litt die 29-Jährige, die als freiberufliche Designerin in Chile arbeitet, plötzlich an Depressionen und Angstzuständen. „Ich fühlte mich matt und apathisch“, erklärt sie. „Das Leben schien nicht mehr lebenswert zu sein und ich konnte mich über nichts mehr freuen.“

Sie war drei Jahre zuvor mit ihrem Ehemann Ivan nach Chile gezogen und nun sehr weit von ihrer Heimatstadt St. Petersburg entfernt. Bis zu diesem Zeitpunkt hatte sie noch nie psychische Probleme und auch in ihrem Freundeskreis war niemand, der schon etwas Ähnliches durchgemacht hatte.

Ich fand keine Sticker, mit denen ich meine Gefühle ehrlich ausdrücken konnte.

Irina Mir, Illustratorin der Sad Animations

Nachdem ihr Ehemann darauf drängte, dass sie sich professionelle Hilfe holte, entschied sich Mir für eine besondere Form der Psychotherapie – die Akzeptanz- und Commitment-Therapie.

„Du lernst achtsamkeitsbasierte Strategien für den Umgang mit deinen Emotionen. Ziel dieser Therapie ist es nicht, all die komplizierten Gefühle auszuschalten, sondern sie zu akzeptieren und sich ihrer bewusst zu werden“, fährt Mir fort.

„Was mir geholfen hat, war nicht nur die Tatsache, dass ich mich selbst für diese Gefühle öffnete, sondern dass ich mich auch gegenüber anderen öffnen und meine Emotionen mitteilen konnte.“

Und so kam es zu den Sad Animations. Sie entstanden aus Mirs Frustration heraus, den inneren Kampf, den sie erlebte, nicht kommunizieren zu können. „Ich wollte vor allem versuchen, meinem Partner diese Gefühle zu beschreiben“, sagt sie.

„Ich habe mir unzählige Sticker-Packs [im App Store] angeschaut. Viele davon waren Sticker mit witzigen Gute-Laune-Cartoons“, erklärt Mir.

„Ich konnte nichts finden, was ehrlich ausgedrückt hätte, wie ich mich fühlte, und kam zu dem Schluss, dass dies ein Projekt für mich wäre, das vielleicht auch anderen hilft.“

Da sie durch die Zusammenarbeit mit ihrem Ehemann, einem Programmierer, bereits Erfahrung mit Animationen für Indie-Games hatte, begann Mir mit dem Erstellen eigener Sticker zu experimentieren. „Ich entschied mich für einen Stil, der ganz schlicht und minimalistisch ist, da ich wollte, dass sich jeder damit identifizieren kann. Auch wollte ich nicht zu viel von meiner eigenen Persönlichkeit einfließen lassen.“

Alle Sad Animations zeigen „alltägliche Dinge, die passieren, wenn du in diesem Zustand bist”, fügt Mir hinzu. „So ist zum Beispiel die Animation des Frustessers, der sich mit Keksen vollstopft, etwas, das mir sehr oft passiert ist.“

„Aus kreativer Sicht hat es Spaß gemacht, mir diese Figuren auszudenken“, sagt Mir und erklärt, dass das Zeichnen ihrer Sad Animations eine therapeutische Wirkung für sie hatte.

„Was mir Hoffnung und Motivation verlieh, war die Idee, dass ich damit möglicherweise auch anderen Menschen helfe. Ich wollte nicht meine negativen Gefühle oder Selbstmitleid zum Ausdruck bringen. Es ging mir eher darum, etwas zu schaffen, mit dem es gelingt, die aktuelle Verfassung auszudrücken und zu verarbeiten – entweder für dich selbst oder im Austausch mit anderen, denen du die Sticker sendest. Sie können dir das Gefühl vermitteln, dass du nicht allein bist.“

Was mir Hoffnung und Motivation verlieh, war die Idee, dass ich damit möglicherweise auch anderen Menschen helfe.

Irina Mir

Irina Mir geht es momentan gut und sie hat ihre Depressionen und Angstzustände unter Kontrolle. Und zu ihrer großen Freude waren die Online-Reaktionen auf ihre Sad Animations durchweg positiv. „Viele bedanken sich bei mir“, sagt sie. „Sie sagen, dass die Sticker etwas sind, mit dem sie sich definitiv identifizieren können.“

Das Projekt hat Irina Mir und ihrem Mann Mut gemacht und sie wollen nun Aufklärungsarbeit leisten und andere über psychische Krankheiten informieren. „Wir werden eine NGO gründen und mit unserem Know-how Infografiken und Lernspiele entwickeln, um Kinder zwischen acht und zwölf besser über psychische Gesundheit zu informieren”, sagt Mir. „Das ist inzwischen mein neues Lebensziel.“