COLLECTION

Spiele sind Kunst

Entdecke Videospielgrafiken in einem neuen Licht.

Was für ein Gamingtyp bist du? Spielst du jeden Tag dasselbe oder probierst du so viel wie nur möglich? Vielleicht ist das alles auch Neuland für dich. Egal, wie du dich selbst siehst – die folgenden Titel werden deine Einstellung zu Videospielen ändern. Denn sie machen nicht nur Spaß, sie sind auch wahre Kunstwerke.

Für gewöhnlich ist der erste Eindruck von einem Spiel die optische Aufmachung. So wie Kleidung und Modegespür einer Person Aufschluss über ihren Lifestyle geben können, lassen Grafiken auf die Bedeutung und den Sinn eines Spiels schließen.

Wir haben erfolgreiche Entwicklerteams aus aller Welt nach ihren Meinungen zu Kunst und Design beim mobilen Gaming gefragt.

Dandara interpretiert Pixel Art völlig neu

Dandara stammt aus der Feder von Long Hat House, einem kleinen Indie-Studio aus Brasilien. Das Adventure-Spiel begeistert mit seinem markanten Stil. Zunächst wirkt Dandara vielleicht wie ein Rückblick auf die frühe Zeit der Arcade-Spiele. Doch João Brant, Mitgründer von Long Hat House, sieht mehr darin: „In meinen Augen ist das Spiel vor allem Pixel Art, aber nicht unbedingt im Retro-Stil.“

Dandara beeindruckt mit innovativen, fließenden und spannungsgeladenen Sequenzen. Mit der linken Hand rutschen die Spieler und Spielerinnen von Plattform zu Plattform, während sie mit der rechten auf die Gegner feuern. Die Heldin Dandara ist nach einer brasilianischen Kriegerin aus dem 17. Jahrhundert benannt, die genau wie ihre Namensvetterin in einer Krisenzeit auftauchte.

Brant erklärt, dass sich das Studio aus Gründen der Machbarkeit auf den Pixel-Stil einigte: „Wir sind ein kleines Team und haben Dandara sogar mit einem noch kleineren Team in Angriff genommen. Pixel Art ist effizient und lässt sich im Handumdrehen erstellen“, schildert er. „Da uns zu Beginn niemand aus der künstlerischen Ecke zur Verfügung stand, erkannten wir, dass uns Pixel Art schnellere und häufigere Iterationen ermöglicht.“

Die Grafiken in Videospielen sind das i-Tüpfelchen. Eine gute künstlerische Umsetzung kann ein Spiel, das zuvor aus leeren Blasen bestand, in eine greifbare Geschichte mit echten Charakteren und einer spannenden Handlung verwandeln.

– Victor Leão, Co-Art Director bei Dandara

„Pixel Art besitzt in meinen Augen eine ganz besondere Magie: Es ist immer etwas Fantasie erforderlich, um sie zu deuten“, meint Brant. „Außerdem ist sie eine vorzügliche Kunstform, um eine abstrakte Welt wie in Dandara darzustellen. Diese Spielwelt enthält jede Menge Symbole zur individuellen Interpretation.“

Lara Croft GO ist eine Hommage an Low Poly-Spiele

Low Poly-Spiele sind zwar realistischer und räumlicher als Pixel Art, können aber mit der Detailtiefe jüngerer Darstellungsformen nicht mithalten. Die Entscheidung für Low Poly-Rendering war damals unumgänglich, denn die technischen Einschränkungen jener Zeit erschwerten die Gestaltung detailreicher Charaktere. Doch in den vergangenen Jahren gab es ein regelrechtes Low Poly-Revival, denn vielen Spielerinnen und Spielern gefällt die minimalistische Ästhetik dieser Grafiken.

Modellbilder aus Lara Croft GO.

Lara Croft GO versucht nicht etwa, mit dem Trend zu gehen. Das Spiel kehrt vielmehr zu seinen Wurzeln zurück: Die 1996er Originalfassung von Tomb Raider enthielt Low Poly-Grafiken, die breite Anerkennung fanden.

Daniel Lutz, kreativer Leiter des Entwicklungsstudios Square Enix Montréal, berichtet, dass sein Team bei der Gestaltung von Lara Croft GO viel Zeit damit verbrachte, Bezüge zu Tomb Raider herzustellen: „Wir haben uns die alten Tomb Raider-Spiele und andere Games in einem ähnlichem Grafikstil angesehen, um uns inspirieren zu lassen. Monument Valley oder auch Alto's Adventure dienten uns dabei als Vorbilder.“

In der Rolle der namensgebenden Abenteurerin und Archäologin erkundest du in Lara Croft GO geheimnisvolle Relikte aus der Antike, um mehr als 100 Rätsel zu lösen.

Wir wollten eine Geschichte erzählen, in der sich jemand im Dschungel verirrt und dann auf eine unbekannte Zivilisation stößt. Diese Handlung sollte vor allem von den Landschaften getragen werden. Dabei spielte der Grafikstil eine große Rolle.

– Daniel Lutz, kreativer Leiter bei Square Enix Montréal

Lutz erklärt: „Wir wollten, dass die Grafiken sehr schlicht sind, damit sie beim Lösen der Rätsel nicht stören. Deshalb erschien uns die Low Poly-Kunstform als besonders passend, um ein wunderschönes und gleichzeitig gut lesbares Spiel zu gestalten.“

Blättere mit Florence ein Comic-Heft durch

Ken Wong, kreativer Leiter bei Florence, sagt: „Ich weiß nicht, ob es für diesen Stil überhaupt einen offiziellen Namen gibt. Jedenfalls wird er stark von den ,realitätsnahen‘ Graphic Novels und Webcomics beeinflusst, die vor allem auf eine persönliche Erzählweise setzen und emotionale Nuancen vermitteln.“

Wong war auch leitender Designer des preisgekrönten Spiels Monument Valley. Nachdem er 2014 mit dem Apple Design Award ausgezeichnet wurde, beschloss er, das Spieleentwicklungsstudio Mountains in Australien zu gründen, das im Jahr 2018 Florence herausbrachte.

Florence ist eine Geschichte voller Feinheiten. Die Titelheldin ist eine ganz normale junge Frau mit einem ganz normalen Job. Sie lernt einen Mann kennen und verliebt sich. Während du ihr hilfst, ihre Alltagsprobleme zu bewältigen, nimmt die Romanze ihren Lauf.

Wong erzählt, dass sich das Design des Spiels deutlich vom ursprünglichen Konzept unterscheidet: „Florence ist eigentlich aus einer Serie von 3D-Rätseln in einem äußerst realistischen 3D-Grafikstil hervorgegangen. Schon bald merkten wir, dass die 3D-Darstellung viel zu kompliziert war und dass 2D-Interaktionen die Story viel besser erzählen würden“, so Wong. „Es dauerte eine Weile, bis wir herausfanden, wie sich die Geschichte am besten erzählen ließ. Dieser derbe, handgezeichnete Look wirkt vertraut und ansprechend.“

Grafiken vermitteln nuancenreiche Schönheit und Bedeutung, wie Worte es kaum vermögen. Durch Geschichtliches und Kulturelles werden Zusammenhänge hergestellt. Enthaltene Symbolik lässt die Spielerinnen und Spieler den Sinn selbst deuten.

– Ken Wong, Gründer und kreativer Leiter von Mountains

Für Wong sind Grafiken ein „Werkzeug aus dem Werkzeugkasten“ zur Gestaltung digitaler Erlebnisse. Und sie sind genauso wichtig wie Texte, Audioinhalte, Interaktionen und andere Elemente. „Wenn ich Spiele entwickle, versuche ich, alle Elemente zusammen zu betrachten. Das schließt natürlich auch die Grafiken ein.“

Skullgirls ist ein packendes Anime-Abenteuer

Das 2D-Kampfspiel Skullgirls ist ein ausgewogener Mix aus amerikanischem Cartoon und japanischem Anime. Jede Grafik wurde von Hand gezeichnet. Das Kapital für die Entwicklung stammt aus Crowdfunding, was online lebhaft diskutiert wurde.

„Zwar ist es heute möglich, so etwas mit 3D-Grafiken zu verwirklichen, doch das ist gar nicht so leicht und wirkt auch nicht so wie handgezeichnete Animationen“, gibt das künstlerische Team von Lab Zero Games zu bedenken.

Das Designteam des Indie-Entwicklungsstudios Lab Zero Games aus Los Angeles berichtet von interessanten Reaktionen der Fans: „Während wir aus Japan die Rückmeldung erhielten, dass das Spiel sehr amerikanisch sei, wurde es in Amerika als sehr japanisch empfunden.“

Frühe Entwürfe der Charaktere aus Skullgirls.

Jeder Charakter in Skullgirls verfügt über eine einzigartige Kampffähigkeit und kann das Erscheinungsbild verändern. Das Spiel begeistert mit spannender Handlung und wächst über sich selbst hinaus.

Nach eigenen Aussagen hatte das Team gar nicht vor, ein Spiel zu erschaffen, das sich ausschließlich an Animes orientiert: „Skullgirls ist nicht zu cartoonesk, denn auch andere Kampfspiele wie Street Fighter III beeinflussen das Spiel. Dabei steht generell das Körperliche im Vordergrund – und die Wirkung, die solche Bewegungen und Aktionen selbst hervorrufen.“

Spiele mit realistischeren Grafiken werden von Gaming-Fans generell als „ernsthafter“ wahrgenommen. Deshalb wollten wir etwas erschaffen, das auf den ersten Blick witziger und ansprechender wirkt.

– das künstlerische Team von Lab Zero Games

Laut Entwicklerteam erweckt das gewählte Design den Eindruck, dass das Spiel mit sich selbst viel Spaß hat: „Außerdem werden schaurige oder verstörende Elemente anscheinend eher akzeptiert, wenn sie stärker im Cartoon-Stil gezeichnet sind.“

Jeder dieser Titel besitzt seinen ganz eigenen Charme. Wir hoffen, dass diese Spiele eine neue Wertschätzung für die zugrundeliegende Kunst in dir weckt – egal ob du ein alter Hase oder ein Frischling bist.