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App-Tipps vom CODA-Team

Das Apple Original „CODA“ ist der erste Film mit überwiegend gehörlosen Hauptdarsteller:innen, der mit einem Oscar in der Kategorie Bester Film ausgezeichnet wurde. Außerdem erhielt er noch zwei weitere Preise für den besten Nebendarsteller und für das beste adaptierte Drehbuch.

Genau wie viele andere Jugendliche, steckt auch Ruby Rossi zwischen zwei Welten fest. Sie selbst träumt von einer Karriere als Sängerin, aber ihre Familie wünscht sich ihre Unterstützung, um das strauchelnde Fischereigeschäft wieder auf Kurs zu bringen.

Gleichzeitig trägt sie noch eine weitere Verantwortung: Sie muss für ihre Eltern und ihren Bruder als Dolmetscherin herhalten, denn alle drei sind gehörlos.

Sian Heder hat nicht nur das Drehbuch geschrieben, sondern auch Regie geführt. „CODA“ steht für „child of deaf adults“ – zu Deutsch: Kind gehörloser Eltern – und reiht sich in eine Handvoll Filme ein, die von einer gehörlosen Familie handeln. Nach seinem Debut auf dem Sundance Film Festival wurde „CODA“ mit so vielen Preisen ausgezeichnet wie kein anderer Film in der Geschichte des Festivals und die Erfolgssträhne riss danach keineswegs ab, auch ein Golden Globe in der Kategorie Bester Film zählt zu den abgestaubten Trophäen.

Anne Tomasetti und Alexandria Wailes waren während der Dreharbeiten für die Gebärdensprache verantwortlich. Mithilfe von Dolmetscher:innen für die amerikanische Gebärdensprache – kurz ASL – haben wir die beiden unter anderem danach gefragt, welche Apps ihnen bei der Realisierung des Films am meisten geholfen haben und mit welchen Apps sich ASL am besten lernen lässt.

In „CODA“ dreht sich alles um Familie Rossi: Leo (Daniel Durant), Jackie (Marlee Matlin), Frank (Troy Kotsur) und Ruby (Emilia Jones).

Welche Bedeutung hatte die Arbeit an „CODA“ für euch?

Tomasetti: Es gibt bisher vielleicht fünf Filme, bei denen gehörlose Familien im Mittelpunkt stehen. Dass so viele gehörlose Leute zusammenarbeiten, einen Film drehen und unserem Menschsein am Set und auf der Leinwand Ausdruck verleihen … das ist nichts, was einfach so passiert. Das war ein wahres Geschenk.

Wailes: Der Film stellt für unsere Community eine besondere Geschichte dar, weil er den Fokus auf eine CODA-Erfahrung richtet, aber er verkörpert gleichzeitig auch etwas Universelles. Er beleuchtet komplexe gehörlose Charaktere, generationsspezifische Ansichten und die Suche nach der eigenen Identität. Damit ergibt sich für Gehörlose wie für Hörende das zusammenfassende Fazit: „Es geht um die Reise der Menschen.“

Als einziges hörendes Familienmitglied dolmetscht Ruby für ihre Mutter.

Auf welche Apps habt ihr am Set zurückgegriffen?

Tomasetti:
Wenn ich mit mehreren hörenden Leuten zusammen war, habe ich Ava - Untertitel für das Leben genutzt. Das heißt, ich habe mein iPhone einfach auf den Tisch gelegt und geschaut, was ich aufschnappen kann. Die App transkribiert nämlich alles, was die anderen sagen. Während der Produktion habe ich hauptsächlich Notability verwendet, um mir Notizen zu Skripten und Videos zu machen. Und in der Stadt und für unterwegs eignen sich meiner Erfahrung nach Cardzilla und Make It Big ganz gut.

Tipp der Redaktion: Die Regisseurin sowie die Schauspieler:innen, Kameraleute und ASL-Dolmetscher:innen von „CODA“ haben das Skript am Set über die digitalen Stifte und Marker von Notability mit Anmerkungen versehen. Genauso einfach kannst auch du gemeinsam mit anderen an einem Dokument arbeiten und sowohl deine getippten als auch handschriftlichen Notizen nach bestimmten Begriffen durchsuchen.

Der Schauspieler Troy Kotsur gewann einen Oscar in der Kategorie Bester Nebendarsteller. Damit zählen er und Marlee Matlin, die den Preis im Jahr 1986 erhielt, zu den einzigen gehörlosen Schauspieler:innen, die jemals mit einem Academy Award ausgezeichnet wurden.

Wailes: Meine Rolle bei der Filmarbeit konzentrierte sich auf die Monate vor dem eigentlichen Drehbeginn. Ich persönlich greife meist auf Cardzilla zurück. In den letzten eineinhalb Jahren ist wegen der Masken nicht mehr der gesamte Gesichtsausdruck zu sehen. Und bei ASL spielt sich die Hälfte der Grammatik im Gesicht ab. Wenn das im Alltag fehlt, wird die Sache ziemlich kompliziert. Cardzilla hat sich bei der Kommunikation mit Leuten, die der Gebärdensprache nicht mächtig sind, als ziemlich nützlich erwiesen.

Tipp der Redaktion: Cardzilla und Make It Big vergrößern eingetippte Texte und Emojis, sodass sie den gesamten Bildschirm deines iPhone oder iPad einnehmen, damit andere selbst aus einiger Entfernung alles erkennen. Am Set von „CODA“ nutzte die Regisseurin Make It Big, um ihre Anmerkungen auch von ihrem Platz hinter der Kamera aus mit den Schauspieler:innen teilen zu können. Nettes Extra: Wenn du dein Gerät schüttelst, fangen der Hintergrund und der Text in Make It Big an, zu blinken – das ist besonders nützlich, wenn du jemanden auf dich aufmerksam machen willst.

Wie können hörende Menschen die gehörlose Community unterstützen?

Wailes: Es hilft schon, eine gehörlose Person einfach danach zu fragen, wie sie gerne kommunizieren möchte. Manche bevorzugen die Gebärdensprache und andere tippen das, was sie ausdrücken möchten, lieber in ein iPhone ein. Das verschafft uns etwas mehr Selbstermächtigung, erleichtert die Kommunikation und bewahrt uns vor dem Erwartungsdruck, dass wir als gehörlose Menschen die ganze Arbeit machen müssen.

Tomasetti: Stell dir selbst die Frage, warum du Teil der gehörlosen Community sein willst. Wenn du unsere Kultur und uns als Menschen spannend findest, ist das wunderbar. Aber du musst auch etwas dafür tun – und die Gebärdensprache lernen. Im Bestfall bleibst du am Ball und hältst das Ganze nicht für eine Modeerscheinung. Aber komm bitte nicht nur auf eine Stippvisite vorbei, um ein paar Gebärden zu lernen und dann wieder zu verschwinden. Du erweist unserer Community deutlich mehr Respekt, wenn du uns aufrichtiges Interesse entgegenbringt, anstatt mit großen Augen einfach nur danebenzustehen.

Der Schauspieler Daniel Durant erhielt einen Screen Actors Guild Award in der Kategorie Bestes Schauspielensemble.

Welche Apps würdet ihr zum Erlernen der Gebärdensprache empfehlen?

Wailes: Marlee Signs und The ASL App eignen sich für den Einstieg besonders gut. Die Gebärdensprache ist sehr interaktiv und Tutorials über virtuelle Echtzeit-Plattformen oder auch in persona sind dabei sehr hilfreich. Der Lerneffekt ist ein ganz anderer als bei Fotos oder Videos.

Tipp der Redaktion: Als Oscar-prämierte Schauspielerin und „CODA“-Star bietet Marlee Matlin in Marlee Signs Einführungsvideos für ASL. Wenn du nach bestimmten Wörtern oder Sätzen suchst, gibt dir Matlin eine buchstabengetreue Anleitung. Du bist kompletter ASL-Neuling? Dann schalt die Slow-Motion-Option ein, um die Gebärden gleichzeitig mit ihr auszuführen.

Emilia Jones gewann für ihre Darstellung in „CODA“ einen BAFTA Award in der Kategorie Beste Hauptdarstellerin.

Wie sieht eurer Meinung nach die Zukunft für Filme über die gehörlose Community aus?

Tomasetti: Wir erschaffen so viele Inhalte wie nie zuvor. Wir nutzen zahlreiche Optionen für die Zusammenarbeit über Video-Chat-Apps wie ZOOM Cloud Meetings. Wir brauchen Verbündete und Ressourcen, um das, was wir gestalten, in die Welt zu tragen. Wir wünschen uns mehr Unterstützung und Einblicke, um die Branche besser zu verstehen. Wir haben so viele Geschichten zu erzählen, aber uns stehen einfach nicht genügend Möglichkeiten zur Verfügung. Deswegen hoffe ich, dass sich dies ändern wird und wir leichteren Zugang finden.

Der Apple Original-Film „CODA“ diente als Inspirationsquelle für eine Sammlung von Songs, die unter dem Namen „Eine Playlist, kuratiert von Gehörlosen“ auf Apple Music zu finden ist. Hör am besten gleich mal rein.